Die Wände von Hohlorganen wie der Harnblase enthalten Gewebeschichten aus glatter Muskulatur, die die mechanische Funktion der Organe unabhängig von ihrem Füllzustand oder ihrer aktuellen Form ermöglichen. Aus mechanischer Sicht geht diese geometrieunabhängige Funktionsweise auf eine Fähigkeit der glatten Muskulatur zurück, die häufig als Muskeladaptivität bezeichnet wird und einen charakteristischen Unterschied zu klassischen Ingenieursmaterialien darstellt. Muskeladaptation findet bei Aktivierung über einem Zeitraum von über 1 h statt und beschreibt eine Maximierung der bei der aktuellen Form möglichen Kontraktionskraft zusammen mit einer Minimierung der passiven Kraft im Gewebe. Ein inzwischen etabliertes Vorgehen zur experimentellen Charakterisierung der glatten Muskulatur besteht darin, die Gewebeproben über ein Vorkonditionierungsprotokoll auf ein inelastisches Ingenieursmaterial mit reproduzierbarem Kraft- Dehnungsverhalten zu reduzieren. Dabei werden jedoch wichtige Eigenschaften ausgeblendet, die die in vivo Funktionsweise des Gewebes beeinflussen und mit der Adaptivität in Verbindung stehen. Eine Folge ist, dass die Vorhersagen entsprechend kalibrierter Modelle stark vom physiologischen Verhalten abweichen und daher kaum zu unserem Verständnis der gewebespezifischen Wirkmechanismen und Organfunktion beitragen. In diesem Projekt planen wir die Untersuchung eines neuen Paradigmas zur experimentellen Analyse von Proben der glatten Muskulatur, das nicht auf einer Vorkonditionierung beruht.
Ansprechpartner
Tobias Siebert
Prof. Dr.Stellvertretender Institutsleiter
Markus Böl
Prof. Dr.-Ing.Cooperationspartner TU-Braunschweig
[Foto: IMA/TU Braunschweig]